Poetry Slammerin Filo Haus 73 Interview Auf einen Kaffee mit

 

Jeden dritten Freitag im Monat findet in Hamburg im Haus 73 in der Schanze der Poetry-Slam-Wettbewerb „Slam the Pony“ statt, bei dem der beste Slammer/die beste Slammerin über die Abstimmung des Publikums ein goldenes Papppony gewinnt. Von einem Besuch dort ist mir besonders ein Text der Slammerin Filo im Kopf geblieben. Aus lauter Neugier darüber, wie Filo zum Poetry Slam gekommen ist und was diese Kunst für sie ausmacht, habe ich sie letzte Woche gefragt, ob sie Lust hätte, ein Teil dieser Interview-Reihe zu werden. Die Antwort meiner Nachricht auf ihrer Facebook-Seite fiel positiv aus, trotz des Links ihrer Seite „fb.com/ichmagbier“ und nicht „fb.com/ichmagkaffee“. So haben wir uns vor ein paar Tagen auf einen Kaffee getroffen, draußen vorm Haus 73 mit Cappuccino vom Schmidtchen und Blick auf die Skater vom Flora Park.

 

Wie bist du nach Hamburg gekommen?

Ich komme ursprünglich aus Baden-Württemberg habe mein Praxissemester hier gemacht, weil ich gerne in eine andere Stadt wollte und mir Hamburg ohnehin gut gefallen hat. Auch, dass es hier viel Poetry Slam gibt, war ein Grund. Ich habe mich dann verliebt, in die Stadt und die Menschen, und bin deswegen nach meinem Studium hierher zurückgekommen.

 

Was ist Poetry Slam für dich, in einem Satz?

Wenn ich es ganz grob sagen müsste: Poetry Slam ist für mich die Möglichkeit, vorgetragene Texte und Menschen zusammenzubringen. Aber das ist eine schwierige Frage. Natürlich geht es um Texte, aber auch das Vortragen spielt eine Rolle. Man kann mit seiner Stimme und seinem Auftreten arbeiten und bekommt direktes Feedback vom Publikum. Außerdem lernt man durch Poetry Slam sehr viele Menschen und Freunde kennen. Texte und Menschen, das sind die zwei Hauptbestandteile für mich.

 

Filo Interview Auf einen Kaffee mit Poetry Slammerin Hamburg Haus 73 Schmidtchen Waterkant Kaffee 2

 

Du hast gerade schon gesagt, man macht ganz viel mit dem, wie man es vorträgt. Was mir immer wieder auffällt, ist dieser – ich nenne ihn mal – leichte „Singsang“.

Dieser Poetry-Slam-Duktus?

Ja.

Ich selbst höre das vor allem von außen. Wenn man selber slammt, hört man so viele Texte, dass man da so eine große Vielfalt hat, dass man diesen Duktus gar nicht mehr hört. Es ist irgendwie auch ein Klischee für mich.
Manche Leute denken auch, dass der Text von Julia Engelmann Poetry Slam definiert. Aber ihr Text ist nur eine Möglichkeit, wie Poetry Slam sein kann. Er ist ein Beispiel. Das ist, als ob man auf ein Konzert von einer Band geht und danach sagt: „Ah, das ist also Musik.“ Poetry Slam ist ein Format, das es einem ermöglicht, Texte auf einer Bühne vorzutragen. Und so, wie es bei Musik ganz viele verschiedene Stile gibt, geht auch Poetry Slam in alle möglichen Richtungen. Die einen lesen ab, die anderen machen es frei und wieder andere improvisieren auf der Bühne. Ich glaube, ich weiß, was die Leute mit dem Poetry-Slam-Duktus meinen und ich glaube auch, dass es den irgendwie gibt, aber ich glaube nicht, dass er so weit verbreitet ist im Poetry Slam. Also, ich glaube nicht, dass er das ist, was Poetry Slam ausmacht. Das ist leider ein Vorurteil, den der Slam hat. Dieses Vorurteil bekommt man aber vielleicht erst dann weg, wenn man sich mehrere Slams anguckt, in verschiedenen Locations. Um dann zu merken, dass es gar nicht bei jedem so ist. Jeder Slam ist anders.

 

Und wie bist du zum Poetry Slam gekommen?

Ich habe vor Hamburg in Mannheim gewohnt und bin dort jeden Monat mit meinen Freunden zu einer Lesebühne gegangen. Oft habe ich gedacht, dass ich dort auch mal etwas vortragen möchte. An einem Abend bin ich dann spontan aufgetreten.

Komplett Spontan?

Ja, ich habe den Text noch an dem Abend geschrieben, in der Pause. Danach hat der Veranstalter mich zu Slams mitgenommen und es ging alles relativ schnell. Das liegt daran, dass man auf Slams andere Leute kennenlernt, die auch Slams veranstalten und die einen dann einladen oder weiterempfehlen.

 

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Anfang 2014 war ja der große Hype des Textes „Eines Tages, Baby“ von Julia Engelmann. Viele kannten Poetry Slam davor noch nicht. Glaubst du generell, dass die Kunst damals so gehypet worden ist, war gut für Poetry Slam? Oder würdest du diese Veränderung eher als schwierig ansehen, weil die Kunst dadurch auch mehr und mehr kommerzialisiert worden ist? Weg vom Untergrundding, hin zu großen Poetry-Slam-Festivals und kommerziellen Dingen.

Es freut mich natürlich, dass immer mehr Leute auf Poetry Slams gehen, dass das Ganze populärer wird und dadurch so Sachen wie ein eigenes Poetry-Slam-Festival ermöglicht werden. Mich als Slammerin freut es auch, weil es jetzt noch größere Auftritte gibt, vor noch größerem Publikum und mit der einen oder anderen Gage hier oder da. Aber es würde mich nicht so sehr freuen, wenn die kleineren Slams nicht weiterhin bestehen würden, was sie tun. Also wenn es das ersetzen würde, fände ich es schade. Ich bin froh, sowohl auf minikleinen als auch auf riesengroßen Bühnen stehen zu können.

 

Wie entstehen deine Texte?

Generell schreibe ich meine Texte immer am Schreibtisch mit Stift auf Papier. Und am liebsten alleine, weil ich gern mit Klang und Rhythmus herumspiele und dann alles laut aufsage. Aber so richtige Rituale gibt es dabei nicht. Bei mir ist es aber so, dass ich meistens kleinere Teile schreibe. Mal hier ein bisschen und da ein bisschen und dann dauert es auch ein paar Wochen, bis ein Text fertig ist. Manchmal fällt mir auch unterwegs noch eine Zeile ein, dann wird sie notiert und später irgendwie im Text untergebracht.

 

Was sind denn deine Lieblingsplätze hier in Hamburg?

Ich bin gerne am Wasser. Ansonsten geht es mir meistens mehr darum, mit wem ich irgendwo bin, als wo genau ich bin. Deswegen mag ich das Haus 73 auch so gerne, weil ich es mit meinen Freunden verbinde. Aber ja, am Wasser, mit guten Leuten, das reicht.

 

Filo Interview Auf einen Kaffee mit Poetry Slammerin Hamburg Haus 73 Schmidtchen

 

Zum Abschluss nochmal kurz zurück zum Poetry Slam: Hast du ein Ziel, das du mit dem Poetry Slam erreichen möchtest?

Ich slamme nicht mit dem Ziel, eines Tages bestimmte Titel zu gewinnen. Ich habe auch aus vergangenen Veranstaltungen gelernt, dass man häufig enttäuscht wird, wenn man mit der Erwartung ran geht: „Ich gewinne das jetzt“. Natürlich ist das Gewinnen etwas, worüber man nachdenkt, denn Poetry Slam ist ja ein Wettbewerb. Es gibt Landesmeisterschaften und die deutschsprachige Meisterschaft. Man vergleicht sich schnell mit anderen und natürlich freut es einen auch, wenn man erfolgreich ist. Aber gleichzeitig versuche ich aufzupassen, dass mich dieses Denken nicht zu sehr einnimmt, dass ich nicht nur schreibe, um etwas zu gewinnen. Solange der Spaß am Schreiben und am Vortragen da ist, solange möchte ich das auch weitermachen. Es soll mir Spaß machen und mehr Hobby sein als Wettbewerb.

 

Also es soll dein Hobby bleiben und nicht zum Beruf werden?

Ja, darüber habe ich auch schon nachgedacht, denn es gibt auch Slammerinnen und Slammer, die mit ihren Texten und Auftritten ihren Lebensunterhalt verdienen, die Bücher rausbringen und Solo-Shows geben. Aber ich habe relativ schnell gemerkt, dass das keine Option für mich ist, weil man dann ja den Druck hat, etwas schreiben zu müssen, kreativ sein zu müssen. Manche können das gut, ich kann und will das auch gar nicht. Ich mag es lieber als Hobby.

 

Gibt es etwas, das du den Menschen mitgeben würdest? Einen Rat oder etwas, was du vom Leben, vielleicht ja auch vom Poetry Slam, gelernt hast?

Geht raus und seht Menschen. Hört ihnen zu und redet mit ihnen. Zum Beispiel bei einem Poetry Slam. 🙂

 

Liebe Filo, danke dir für das nette Interview! Wer von euch Filo mal live auf der Bühne erleben möchte, sollte bei einem ihrer nächsten Auftritte vorbei schauen (alle Termine gibt es auf ihrer Facebook-Seite).