Markzeit INterview Playground Coffee Am grindel Grindelhof Ottos Burger

 

Es kommt mir vor als wäre es erst vor ein paar Wochen gewesen, dass die Marktzeit 2015 ihr Opening vor der Rindermarkthalle gefeiert hat. Den damaligen Blogbeitrag auf Fräulein Anker gibt es hier zu lesen. Dieses Wochenende ist es nun aber schon zum zweiten Mal soweit. Passend dazu habe ich mich mit Marie getroffen, eine Hälfte des Gründerduos hinter der wöchentlichen Marktveranstaltung. Zusammen mit ihrem Bruder Max hat sie die Marktzeit vor mittlerweile fünf Jahren aus einer Schnapsidee heraus gegründet.

Bei einem Flat White vor dem Playground Coffee am Grindel – einem Café das sicherlich bald auf diesem Blog auch noch einen Platz bekommen wird – haben Marie und ich uns über die Gründung der Marktzeit und ihren neusten Streich unterhalten: dem Eatstreet Market. Dieser Streetfood Markt wird ab kommenden Sonntag wöchentlich ebenfalls auf dem Gelände vor der Rindermarkthalle statt finden. Eine Übersicht mit allen Veranstaltungsempfehlungen von mir für Hamburg findet ihr ab sofort übrigens auch in der rechten Seitenleiste. Diese Übersicht wird laufend aktualisiert, sodass ihr, wenn ihr das nächste mal auf dem Blog vorbei schaut, vielleicht schon ein paar neue Tipps in euren Kalender eintragen könnt. Viel Spaß mit den Empfehlungen und mit dem folgenden Interview!

 

Markzeit Interview Playground Coffee Am grindel Grindelhof Speciality Coffee

 

Hinter der Marktzeit stecken ja du und dein Bruder. Macht ihr beide denn zu Hundertprozent jobmäßig die Marktzeit oder habt ihr auch noch nebenbei andere Tätigkeiten?

Seit letztem Jahr machen wir die Marktzeit zu 100 Prozent. Als wir vorher nur in der Fabrik waren, haben wir jedes Jahr noch eine Sommerpause gemacht. Da der Hamburger aber bei schönem Wetter (und auch bei nicht so schönem Wetter) im Sommer draußen sein will, würde in dieser Zeit eh keiner in die Fabrik kommen. Also haben wir gesagt, wir machen einen Break im Sommer und haben dann immer noch unseren früheren Job fortgeführt und nebenbei die Marktzeit gemacht. Das mit der Marktzeit zu machen war ja irgendwie auch so eine Schnapsidee. Wir dachten, das wird so ganz easypeasy, mal eben kurz nebenbei so einen kleinen Nachbarschaftsmarkt veranstalten. Das war natürlich völlig falsch, es ist viel mehr Arbeit. Unser Job ist aber eben auch nicht nur die Marktzeit, sondern auch viele andere Projekte die daran hängen. Zum Beispiel Nutzungskonzepte für die Stadt entwickeln und Firmenfeste ausrichten, bei denen Marktzeit quasi als Catering-Möglichkeit genutzt wird. Auch in der Musik-Szene sind wir recht gut vernetzt und vermitteln auch dort für besondere Events.

 

Was hast du vor der Marktzeit gemacht?

Eigentlich bin ich Juristin. Vor der Marktzeit habe ich zwei Jahre in Südafrika gelebt und dort bei einer Umweltorganisation gearbeitet. Bei der habe ich internationales Vertragsrecht und Umweltrecht gemacht. Als ich dann wieder hier nach Hamburg zurück gekommen bin, bin ich erst einmal an den Lehrstuhl für internationales Seerecht gegangen. Aber das alles mache ich jetzt gar nicht mehr. (Lacht)

Ein kompletter Wechsel quasi?

Ja, der kam irgendwie auch, weil ich dann Mutter wurde. Die Marktzeit habe ich während meiner Elternzeit gegründet. Da dachte ich „Ach jetzt habe ich so viel Zeit“ und dann bin ich dabei hängen geblieben. Aber die Reise geht ja auch immer weiter und mal gucken, was noch so kommt. Durch die Marktzeit lernt man super viele interessante Menschen kennen und es gibt immer wieder sehr viele interessante Optionen. Ich könnte mir jetzt einfach nicht mehr vorstellen so einen klassischen Juristenjob zu machen. Das konnte ich aber auch noch nie, deswegen habe ich damals für eine internationale Umweltorganisation gearbeitet und nicht in einer normalen Großkanzlei.

 

Markzeit Gründer Marie Interivew Playground Coffee Am grindel Grindelhof Ottos Burger Interview Auf einen Kaffee mit

 

Ich habe gelesen, dass ihr die Idee für die Marktzeit als Nachbarschaftsmarkt auf Reisen in New York und anderen Städten bekommen habt. Was sind die Besonderheiten, auf die ihr bei der Gründung hier in Deutschland und vor allem in Hamburg gestoßen seid?

Genau, die Inspiration für die Marktzeit haben wir aus New York, San Fransico und Kapstadt, wo ich wie gesagt zwei Jahre gelebt habe. Dort gibt es überall sehr bekannte neighbourhood markets, die aber häufig inzwischen auch schon sehr tourisitsch sind. Max war außerdem in Melbourne. Da gibt es auch einen großen Nachbarschaftsmarkt. Wir dachten damals, dass es das hier auch schon gibt und wollten uns da treffen. Wir hatten uns also verabredet – er kam zu der Zeit gerade aus Australien zurück und ich aus Südafrika – und merkten, dass dem nicht so ist, so etwas gab es in Hamburg gar nicht. Also beschlossen wir irgendwann einen wöchentlichen Treffpunkt, der kein Geld kostet, mit einem Dach über dem Kopf und an dem man eine gute Zeit haben und mit Leuten ins Gespräch kommen kann, zu gründen. Wichtig war uns, dass es dort einfach ganz ungezwungen ist und wir eine gute Atmosphäre kreieren. Was wir dann gemerkt haben, was hier anders ist und schwierig sicherlich auch, sind auf jeden Fall die ganzen Bestimmungen. Die Bürokratie ist sehr hoch. Da hat uns mein Studium natürlich doch sehr geholfen, mit den ganzen Vorschriften klar zu kommen. Zum Beispiel mussten wir in der Fabrik, die ja eigentlich eine große Konzertlocation ist, für unsere Veranstaltung das Behinderten-WC umbauen lassen. Denn mit der Marktzeit fallen wir unter eine neue Nutzungsverordnung. Man kann hier in Deutschland nicht einfach sagen, ich habe jetzt Bock, meine gebackenen Kuchen nächsten Samstag auf einem Nachbarschaftsmarkt zu verkaufen. Dafür braucht man ein Gesundheitszeugnis, muss ein Gewerbe anmelden, darf nicht in der eigenen Küche backen und und und. Also das ist schon sehr viel schwieriger. Als wir mit der Marktzeit angefangen haben, war gerade die Zeit in der Do it yourself total am Kommen war, aber eben nur im Designbereich. Aber viele kleine kreative Foodies gab es noch gar nicht. Auch der Foodtruck ist ja eigentlich erst zwei Jahre alt, unser Anfang war ja weit davor. Somit waren wir am Beginn auch darauf angewiesen, den Markt mit Ständen aus dem Do it yourself Bereich ein wenig aufzustocken. Über die Jahre sind dann viel mehr Manufakturen und Foodies dazu gekommen.

 

Markzeit Gründer Marie Interivew Playground Coffee Am grindel Grindelhof Ottos Burger Kaffeetrinken auf einen Kaffee mit Interview

 

Und wie funktioniert das, wenn man als Geschwister zusammen ein Pojekt macht? Ich stelle mir das manchmal echt schwierig vor.

Es ist total schwierig! (Lacht) Wir haben uns zwar total gut eingegroovt, aber für unsere Mitarbeiter ist das manchmal ganz schön schwierig, weil wir natürlich manchmal einen Ton miteinander haben, der so familiär-geschwisterlich ist und man sich dann einfach auf einer anderen Ebene begegnet, als man das mit anderen Mitarbeitern tut. Dann gibt es manchmal schon ein Gefecht, das man mit anderen Mitarbeitern so nicht haben würde. Und weil  wir eben so in diesem Geschwistermodus sind, kommt das auch schon vor anderen Leuten vor. Das können wir nicht ganz abstellen, das ist schon so. Aber auf der anderen Seite hat das einen ganz großen Vorteil. Man sagt zwar immer, man hat so eine Hand voll Freunde auf die man sich super gut verlassen kann, aber wie heißt es so schön „Blut ist dicker als Wasser“ und das ist bei uns auch so. Da kommt kein Blatt dazwischen und das nützt uns schon an vielen Stellen. Außerdem ergänzen wir uns total gut. Max ist echt so ein Eventrocker, der hat das ja auch vorher schon beruflich gemacht. Er kennt Gott und die Welt und kann oft ordentlich was wegrocken – weiß dann zum Beispiel welchen Sprinter, bam, bam, bam, welche Palettengröße… Auch so Sachen, an die ich gar nicht direkt denken würde, wie Stromversorgung und was man für so ein Event halt alles braucht. Und ich kann durch die juristische Ausbildung Verträge machen, die buchhalterischen Dinge, aber auch viel Netzwerken und organisieren. Das kriegen wir total gut aufgeteilt und dann haben wir ja auch die Expertise in vielen Bereichen, die wir nicht so gut können, wie die Graphik, durch die Leute, die wir uns von außen rein holen.

 

 

Nun macht ihr auch einen zweiten Markt, der zumindest online sehr ähnlich in seinem Design zur Marktzeit ist, was ist denn der Grund gewesen, warum ihr entschieden habt, noch einen weiteren Markt zu machen und wo liegen die Unterschiede zur Marktzeit?

Wir wollten gerne eine zweite Plattform nur für Foodies machen. Da uns aber das eigentliche Konzept vieler Foodtruck-Märkte samt Eintritt etc. widerstrebt, haben wir uns bewusst für ein Streetfood Markt entschieden. Bei uns sollen und werden auch viele Stände ohne Trucks einen Platz haben. So dass auch die Leute, die sich trauen etwas besonderes herzustellen/ zu kochen, bei uns ein Zuhause finden, auch wenn sie sich keinen Truck leisten können oder wollen. Dabei ist es natürlich unser Ziel, dass dieser Streetfood Markt dem Viertel, der Individualität und dem Flair gerecht wird. Den Eatstreet Markt haben wir aber auch deshalb unter einem anderen Namen gemacht, weil es eben nicht die Marktzeit ist, sondern dahinter eine andere Idee steckt. Hierbei handelt es sich um ein rein gastronomisches Konzept. Klar, Grund dafür ist natürlich auch, dass man unter anderem nur vier Mal im Jahr überhaupt eine Design/Food-Mischveranstaltung am Sonntag machen kann, wegen dem Ladenschlussgesetz. Das Ganze soll neben dem Foodie-Fokus aber auch eine Blockparty werden, mit einer Skatecorner, Breakdance und Streetart-Battles. Leute sollen bei uns also auch einen Treffpunkt haben, wo sie sich spannende Sachen anschauen können oder ihren Hobbys nachgehen.

 

Markzeit Interview Playground Coffee Am grindel Grindelhof

 

Wenn so ein normaler Marktzeit-Tag ist und du Zeit haben solltest bei ein paar Ständen Halt zu machen, was sind dann deine Anlaufstellen?

Wenn der Eisladen aus Ottensen da ist, beginne ich wirklich gerne meinen Tag noch bevor die ersten Besucher morgens kommen mit einer Kugel Eis. (Lacht) Dann sind die Kinder nicht da und ich gönne es mir heimlich zum Frühstück, ein Eis zu essen. Wann kann man das sonst bei seinen Job? Sonst gehört für mich natürlich das obligatorische Croissant von Pier von der Pâtisserie dazu. Später geht es dann eigentlich weiter zu Leonie von Sri Lanka Food oder zu Curry it Up, die haben beide einfach tolle Köstlichkeiten für mich als Vegetarier. Und immer, immer, immer, muss ich ein Stück Käse bei Amelie kaufen, weil die einfach den besten Käse in ganz Hamburg hat. Max würde noch sagen zu Toni, weil der den besten Schinken hat.

 

Gab es denn im Anfang der Marktzeit-Gründung Momente, in denen ihr Zweifel hattet?

Immer wieder, na klar. (Lacht.) Also inzwischen läuft es wirklich sehr gut und wir können beide davon leben und arbeiten daran Vollzeit, aber am Anfang war das eher so ein kleines Hobby und wir sind gleich in der zweiten Woche verklagt worden. Die Leute, die uns von Anfang an kennen, wissen, dass wir bei der Gründung anders hießen. Der Name war damals nicht geschützt – ich als Juristin habe es natürlich kontrolliert. Aber wir wollten die 1000 Euro sparen und erstmal so starten, ohne gleich den Namen zu schützen. Nach ein, zwei Veranstaltungen wurden wir dann verklagt, von jemanden, der sich die Marke in Nachhinein hat schützen lassen. Leider wurde die Klage auch trotz schneller Namensumbenennung und Gesprächen, die wir gesucht haben, nicht zurückgezogen. Das war schon echt ärgerlich und teuer. Ich kann es sogar verstehen, dass jemand der vorher unter ähnlichen Namen gehandelt hat, sich diesen schützen lassen will, aber man hätte sich auch anders einigen können, ohne Schadensersatz etc. Aber sonst haben wir uns nicht entmutigen lassen.

 

Markzeit Gründerin Marie Biermann Interivew Playground Coffee Am grindel Grindelhof Ottos Burger Interview Auf einen Kaffee mit

 

Meine letzte Frage: Gibt es irgendeine Botschaft oder ähnliches, die du den Lesern hier vielleicht mitgeben würdest? Vielleicht etwas, dass du von deinem Leben gelernt hast?

Ja, und zwar das Lebensmotto meiner Oma, das auch meins ist mittlerweile: Wenn du einen schönen Tag haben willst, dann musst du dir einen machen! So kann man das vielleicht auch mit dem Leben sehen. Dass man sich einfach fragen sollte, was man vom Leben erwartet und dann versucht das Leben so zu gestalten, dass es so wird. Na klar ist das nicht immer einfach, aber Zuhause zu sitzen und zu warten, dass man einen schönen Tag hat, funktioniert halt auch nicht. Und genau so ist es im ganzen Leben. Dafür muss man manchmal Herausforderungen annehmen, Sachen wagen und weiter gucken. Meistens sind es ja auch nicht die Momente, die man gemacht hat, die man bereut, sondern die, die man nicht gemacht hat.

 

Danke dir für das nette Interview!